Vielfältig Geschichte erleben - Ein Tag mit der Zeitzeugin der DDR
Frau Schulze erklärte uns in der ersten bis dritten Stunde grob die Geschichte der DDR. Sie hat uns über Fluchtversuche, z.B. mit dem Auto, Ballon oder im Tunnel erzählt.
Ab der vierten Stunde kam Frau Konstanze Helber, die Zeitzeugin. Frau Helber stellte sich vor. Sie kam aus der DDR und erzählte viele Erlebnisse aus ihren Leben. Sie erzählte uns, dass sie immer West-Radio/Fernsehen gehört hat und das mit Ost-Radio/Fernsehen verglichen hat. Die West-Medien waren aber in der DDR verboten. Sie erzählte, dass sie in der Schule im Fach Russisch eine 4 anstatt einer 1 bekommen hatte und somit konnte sie auch kein Abitur machen, obwohl das ihr großes Ziel war. Das geschah alles absichtlich, weil Frau Helber von Beginn an mit der Regierung der DDR unzufrieden war und das auch öffentlich zeigte.
“Ich war schon früh auf dem Radar der Stasi”, erzählte Frau Helber. Durch das fehlende Abitur konnte sie nicht studieren und musste sich neu orientieren. Aber auch während der Berufsausbildung und der anschließenden Einstellung legte ihr die Stasi immer wieder Hürden in den Weg.
Auch wollte Frau Helber einmal in den Urlaub fahren. Das ging, solange die Fahrt in den Osten ging. Sie gab ihr ganzes Geld für diesen Urlaub nach Ungarn aus. Ihre beste Freundin spionierte sie aus. Die Freundin war bei der Stasi. Das hat Frau Helber aber erst viele Jahre später herausgefunden.
Die Zeitzeugin lernte während ihres Urlaubs einen Mann aus der BRD kennen. Sie verliebten sich und wollten zusammenbleiben. Deshalb stellte Frau Helber einen Ausreiseantrag. Dieser wurde jedoch mehrfach abgelehnt. Daraufhin plante Sie einen Fluchtversuch mit ihrem Freund. 25.000 Mark hat sie das gekostet. Das war noch günstig für einen Fluchtversuch. Der Fluchtversuch mit dem Auto ging allerdings schief, da die Freundin, die bei der Stasi war, von dem Fluchtversuch mitbekommen hatte und den Verdacht gemeldet hatte.
Frau Helber musste für 3 Jahre und 3 Monate ins Gefängnis. Sie wurde ins Frauengefängnis Hoheneck bei Chemnitz gebracht. Nach 5 Wochen U-Haft wurden ihre ganzen persönlichen Gegenstände und Kleidung abgenommen. Alle mussten dort Stasi-Kleidung tragen. Im Gefängnis durfte nicht geredet werden. Jeder wurde genau beobachtet. Jeder im Gefängnis musste hart arbeiten. Frau Helber nähte. Sie hatte meistens 120 Bettlagen an einem Tag geschafft. Wenn sich ein Häftling nicht nach den Vorstellungen der Gefängniswärterinnen verhielt, wurde sie in die Arrestzelle als Einzelhaft geschickt. Die Zellen wurden Tigerzellen genannt, weil es aussah wie ein Raubtierkäfig. Andere Zellen hießen Wasserzellen, “da stand einem das Wasser bis zu den Knien”, erzählte uns Frau Helber.
Frau Helber gehörte zu den ungefähr 33000 politischen Häftlingen, die von der BRD freigekauft wurden. Ihren Urlaubsfreund heiratete Frau Helber und lebt seit dem Freikauf in Baden-Württemberg mit ihrem Mann und ihren Kindern.
Nach den Erzählungen der Zeitzeugin konnten wir noch Fragen stellen. Beeindruckt hat mich diese Antwort: „Nein, ich habe meiner Meinung nach alles richtig gemacht! Ich bereu nichts! Auch nicht den Fluchtversuch. Ich würde es immer wieder genauso machen!“
(Mika Subat, M9)